Pferde – Therapeutische Herausforderungen

Kühner, als das Unbekannte zu erforschen, kann es sein, das Bekannte in Frage zu stellen.

Es sind genau die „Problemfälle“ im Praxisalltag, die mich zu Beginn meiner Therapeuten-Tätigkeit dazu bewogen haben, über den Tellerrand zu schauen, den mir die Hochschulausbildung vorgegeben hatte.

Da ich die Wartezeit auf einen Studienplatz mit einer Heilpraktiker-Ausbildung überbrückt und auch während des Studiums – in begrenztem Maße – immer wieder den Blick über den Tellerrand gewagt hatte, fiel es mir relativ leicht, das vermeintlich sichere und „anerkannte“ Terrain zu verlassen. Nein, verlassen ist die verkehrte Vokabel. Die Beschäftigung mit Nicht-Hochschul-Wissen bedeutet eine Erweiterung des Horizontes.

Alexander von Humboldt hat dieses sehr treffend formuliert: Kühner, als das Unbekannte zu erforschen, kann es sein, das Bekannte in Frage zu stellen.

Was verstehe ich unter Problemfällen? All jene Krankheiten oder Symptomenkomplexe, für die die Hochschulmedizin in meinen Augen keine oder nur unzureichende bzw. nicht-zufrieden-stellende Therapiemaßnahmen vorschlägt. Rein symptomunterdrückende Maßnahmen, die nicht das WARUM berücksichtigen, rein substituierende Medikamente, ohne nach der Ursache des Mangels zu fragen, oder die Verwendung von Therapeutika, deren Nutzen aufgrund der möglichen Nebenwirkungen eher fragwürdigen Charakter aufweisen. Und die Fälle, bei denen wir mit der Hochschulmedizin einigen Patienten sehr gut helfen können, bei anderen Patienten aber an Therapiehindernisse stoßen.

In der Pferdepraxis sind hier beispielhaft zu erwähnen:Kotwasser Joe

  • Das Problem mit Kotwasser
  • Entgleisungen des Immunsystems
    • Sommerekzem
    • Chronic obstructiv pulmonary disease (COPD)
      • RAO – Recurrent Airway Obstruction (wiederkehrende Atemwegserkrankung)
      • IAD – Inflammatory Airway Disease (entzündliche Atemwegserkrankung)

Kotwasser

Kotwasser ist ein sehr vielschichtiges Problem – so wie eigentlich alle Problemfälle nicht auf eine Ursache oder eine schlüssige Pathogenese zurückzuführen sind. Unabdingbar ist die Kontrolle und ggf. Verbesserung der Haltungsbedingungen, der Fütterung und der Trainingsbedingungen.

Unsere Empfehlung sieht wie folgt aus:

 

Präparat

Dosierung

Bemerkung

Plantaferm®-P

Intensiv-Anwendung:

bei ausgeprägtem Kotwasser: 2 x tgl. 120 g über 5 Tage, dann

Langzeit-Anwendung:

2 x täglich 30 – 60 g, mindestens 2 Wochen über die Heilung (Verschwinden des Kotwassers) hinaus, dann sehr langsam ausschleichen. Ansonsten droht die Gefahr des Rezidivs.

  • Unterstützung der Darmgesundheit
  • In den meisten Fällen alleinig ausreichend
  • Wenn nach 10 – 14 Tagen keine merkliche Besserung eintritt, dann zusätzlich PlantaSil® Pellets füttern

Plantasil®-Pellets

2 x täglich 60 g, nach Besserung langsame Reduktion

  • Toxinbindung
  • Lieferant von organischem Siliciumoxid sowie von Spuren- und Mengenelementen

Nicotiana/Robinia comp. PlantaVet

Je nach Auslöser für den Stress anfangs täglich, dann alle 2 Tage 1 Ampulle

  • Stress und Magenleiden als Auslöser oder Trigger des Symptoms

Avena/Phosphor PlantaVet

Ca. 24  Stunden und 1 Stunde vor Stressmomenten (Tierarzt, Hufschmied, Transport) 1 Ampulle; Bei Dauerstress täglich bis alle 2 Tage 1 Ampulle

  • Nervosität bzw. nervöse Anspannung als Auslöser oder Trigger des Symptoms

HeparCheval®

Täglich 50 ml

  • Anregung der großen Stoffwechselorgane (Leber, Nieren, Bauchspeicheldrüse)
  • Antioxidativ
  • Steigerung der Resilienz


Mit den beiden erstgenannten Präparaten, also dem PlantaFerm®-P und ggf. dem PlantaSil® Pellets, sind bestimmt gut 80 % der Fälle in den Griff zu bekommen. Tritt nur eine unzureichende Besserung ein, dann muss die Suche nach auslösenden Faktoren intensiviert werden. In diesen Fällen stellen die letztgenannten Produkte hilfreiche Ergänzungen dar.

Bei sehr stressanfälligen Tieren kann über die Durchführung eines Medical Trainings die Resilienz gegenüber Tierarzt oder Hufschmied verbessert werden. Therapieversagen liegt häufig eben nicht an Ihnen, sondern an den Pferde- oder Stallbesitzern. Aber Sie können die Situation eruieren und durch Empfehlungen den Besitzern die Augen öffnen?

Entgleisungen des Immunsystems

Sommerekzem

ZebrapferdDem Sommerekzem liegt vor allem eine IgE-vermittelte Immunreaktion vorwiegend gegen den Speichel der Kriebelmücken zugrunde. ‚Vor allem‘ sei  deshalb gesagt, weil die Allergieentwicklung ein multikausales Geschehen darstellt und es sehr viele Einflussgrößen und Trigger gibt, die das Krankheitsgeschehen zum Positiven oder Negativen beeinflussen können. Unsere Überlegungen, Erkenntnisse und Empfehlungen zur Behandlung des Sommerekzems sind in den beiden speziell für diese Indikation entwickelten Produkten DermaCheval® Pellets und DermaCheval® Lotion eingeflossen. Intensivierung und individuelle Anpassung dieses Behandlungskonzeptes bei sehr hartnäckigen Fällen sind möglich und u.a. der Aufzeichnung des Webinars über das Sommerekzem zu entnehmen.

Hinter diesen Produktentwicklungen steckt ein Behandlungskonzept, das auf die Behandlung von Allergiegeschehen ausgerichtet ist. Insofern ist auch bei anderen immunologischen Entgleisungen über den Einsatz der DermaCheval® Pellets nachzudenken, wie zum Beispiel bei Erkrankungen des Atmungsapparates, zusammengefasst unter dem veralteten, aber vielfach noch gebräuchlichen Überbegriff COPD.

COPD / RAO / IAD

Egal ob RAO, IAD, COPD, auch Sommerekzem oder Kotwasser – allesamt handelt es sich „nur“ um deskriptive Krankheitsbezeichnungen. Wobei Atem Pferdedie Bezeichnungen COPD, RAO und IAD besser die einzelnen Zustände beschreiben als der früher geläufige Begriff der Dämpfigkeit. Dämpfigkeit bezeichnet ein Lungenemphysem und galt bis 2022 als Gewährsmangel.

Wichtiger als jede Bezeichnung sind die Klärung der Ätiologie und Pathogenese, um hieraus möglichst eine ursächliche Therapie abzuleiten. Das Problem ist, dass Pferde zu Beginn der Erkrankung häufig sehr milde Symptome z.B. in Form von Husten und/oder Nasenausfluss zeigen. Werden diese Krankheitserscheinungen nicht ernst genommen und das Pferd nicht entsprechend behandelt und die Haltungs- und Fütterungsbedingungen nicht optimiert, entwickeln sich daraus chronisch-obstruktive Atemwegsaffektionen mit fibrotischen Umbauprozessen in der Lunge, die zu deutlichen Leistungseinbußen und Einschränkungen der Lebensqualität der Tiere führen. Ca. 50 % der Pferde werden zu den „Stummen Bronchitikern“ gezählt, und Atemwegserkrankungen sind der Grund von gut ¼ aller vorzeitig euthanasierten Pferde. An der Pathogenese scheinen seneszente Lungenzellen beteiligt zu sein, die über die Seneszenz-assoziierten molekularen Muster (senescence associatet molecular pattern - SAMP) zur Einwanderung von Entzündungszellen und entsprechenden Immunprozessen führen, die aber nicht oder nur verzögert in die Apoptose treten und aufgrund dessen dauerhaft zum Trigger der Entzündung werden.1 Zusammenfassend sind entzündliche Prozesse mit vielen bekannten Mediatoren am Krankheitsprozess beteiligt.2

Was tun?

Unsere Empfehlung finden Sie in folgender Tabelle. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unbedingt schädliche Einflüsse auf die Atmungsorgane der Pferde beseitigt oder weitestmöglich reduziert werden müssen und die Tiere sich viel an der frischen Luft aufhalten sollten. Aus der Vielzahl der indizierten Präparate muss die Therapie individuell zusammengestellt und dem Heilungsverlauf angepasst werden. Das Ausmaß der therapeutischen Unterstützung richtet sich nach der Schwere und Akuität der Probleme, dem Ansprechen der Therapie und er Compliance der Patienten(besitzer).

 

Präparat

Dosierung

Bemerkung

Pulmo/Stibium comp. PlantaVet

Anfangs jeden 2. Tag eine Ampulle, nach Besserung langsame Reduktion

  • Grundversorgung chronischer Lungenaffektionen mit der Gefahr von Umbauprozessen in der Lunge

 

Pulmo/Bryonia comp. PlantaVet

    und/oder

Bronchi comp. PlantaVet

2-3 Tage 1 Ampulle täglich, dann alle 2 Tage

  • Akute Atemwegsaffektion

EquiPulmin® liquid

Täglich 50 ml über mindestens 10 Tage

  • Reinigung der Atemwege
  • Infekt-Prophylaxe (Metaphylaxe)

PlantaPulmin® basic

2 x tgl. 40 g

  • Bei besonderen Belastungssituationen (Pollen, Stäube, Stress)
  • Verbesserung der Atemtätigkeit und der Magen-Darmgesundheit
  • Steigerung der Resilienz

PlantaDolor®

1 x tgl. 10 ml

  • Reduktion entzündlicher Prozesse
  • Verbesserung der Stoffwechselvorgänge
  • Verbesserung der Mikrozirkulation
  • Antioxidativ

Echinacea/Phosphorus comp. PlantaVet

5 x jeden 2. Tag 1 Ampulle, dann 5 x jeden 3. Tag 1 Ampulle

Ggf. mit Eigenbluttherapie

  • Paraimmunitätsinducer fördert die TH1 Antwort und reduziert dadurch die TH2 Antwort

DermaCheval® Pellets

1 x tgl. 50 g

  • Reduzierung der Allergieneigung
  • Ankurbelung der Stoffwechselleistung
  • Förderung der Ausscheidung
  • Steigerung der Resilienz


Das sind nur 2 respektive 3 Problemfälle, mit denen sich der Pferdepraktiker auseinandersetzen muss. Weitere, teilweise noch kompliziertere Herausforderungen warten auf jeden Pferde-Tierarzt. Zu nennen wären Tumorerkrankungen wie Melanome oder Sarkoide und auch die sehr häufig vorkommenden chronischen Sehnen- und Bandproblematiken. Zu Präparaten für den Bewegungsapparat finden Sie hier einen kurzen Überblick. Außerdem haben wir eine Ausgabe des Fachmagazins „PlantaVision“ dem Bewegungsapparat gewidmet.


Literaturhinweise

1)      Hamsanathan S, Alder JK, Sellares J, Rojas M, Gurkar AU, Mora AL. Cellular Senescence: The Trojan Horse in Chronic Lung Diseases. Am J Respir Cell Mol Biol. 2019 Jul;61(1):21-30.

2)      Barton AK, Gehlen H. Pulmonary Remodeling in Equine Asthma: What Do We Know about Mediators of Inflammation in the Horse? Mediators Inflamm. 2016;2016:5693205.

Themen: Stoffwechsel