In der Nachkriegszeit litt meine Mutter unter einer sehr schmerzhaften Nieren- und Blasenentzündung. Als Therapeutikum wurde ihr Weizenbier verordnet. Ja, Sie lesen richtig. In Ermangelung verfügbarer Antibiotika und weiterer Medikamente „musste“ meine Mutter Weizenbier trinken. Weizenbier wirkt mindestens auf dreierlei Wegen diuretisch:
- Alkohol hemmt die Freisetzung des Antidiuretischen Hormons (ADH).
- Durch den Alkohol kommt es über die Ausschüttung des Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21 (FGF21) zur Steigerung des Durstgefühls.
- Die mit dem Bier aufgenommene Flüssigkeitsmenge wirkt fördernd auf die Diurese. Die mit Bier in den Körper aufgenommene Flüssigkeitsmenge ist größer, als wenn die gleiche Menge Flüssigkeit in Form von Wasser getrunken wird.
Hinzu kommen die Wirkungen vieler Inhaltsstoffe im Weizenbier, die im Einzelnen wenig erforscht sind. Hordenin aus der verarbeiteten Gerste wirkt als Sympathomimetikum. Enthaltenen Polyphenolen wird ein sehr breites Wirkungsprofil zugesprochen, wobei auch die Diurese genannt wird. Dazu Bitterstoffe, die neben den Appetit auch das Immunsystem anregen.
Heute sollten wir Weizenbier als das ansehen, was es ist: ein Genussmittel.
Neben der Forcierung des Harnflusses steht bei der Therapie einer Zystitis die Schmerz- und Entzündungshemmung auf der Prioritätenlisten ganz weit oben. Eine Blasenentzündung ist sehr schmerzhaft und quälend für die betroffenen Patienten und dadurch auch sehr belastend für die Besitzer. Hier ist schnelle Hilfe gefragt. In schlimmen Fällen wird man kaum um die Gabe eines NSAIDs herumkommen. PetDolor® bei den Kleintieren respektive PlantaDolor® bei den Pferden gehört in meinen Augen immer mindestens dazu. Neben den antientzündlichen Wirkungen aller enthaltenen Heilpflanzen gelten einige Ingredienzien als Aquaretika, sodass ich mit PetDolor® bzw. PlantaDolor® gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlage.
Ein für die Kleintiere verfügbares orales Komplexhomöopathikum, das Canthalus oraplex® PlantaVet, enthält 7 Heilpflanzenzubereitungen jeweils in Niedrigpotenz. Einer der Inhaltsstoffe ist die Sägepalme (Sabal serrulatum D1), die auch als Homöopathischer Katheter bezeichnet wird. Die enthaltene Nießwurz und vor allem der Wacholder gelten wiederum als Aquaretika.
Das Injektionspräparat Cantharis comp. PlantaVet enthält als Namensgeber die Spanische Fliege, die eigentlich ein grün-metallisch-schimmernder Käfer ist, in einer D6. Die Leitsymptome dieses durchaus rein organotrop einzusetzenden Einzel-Homöopathikums decken alle Beschwerden ab, die bei einer fulminanten Zystitis und Nephritis zu erwarten sind:
- Starker Harndrang und –zwang mit brennenden und schneidenden Schmerzen
- Schmerzen und Entzündung der Nieren mit Empfindlichkeit bei leichtester Berührung
- Unerträglicher Tenesmus
- Hämaturie, schleimiger Urin mit Zylindern und Epithelien
- Erosionen mit blutigen Sekreten und Blasenbildung auf allen Schleimhäuten
Synergistische Wirkungen sind durch den Ackerschachtelhalm in der D3 zu erwarten. Das homöopathischen Arzneimittelbild führt ganz ähnliche Symptome auf:
- Wundheitsgefühl an beiden Nieren
- Heftige, krampfartige Schmerzen im Unterbauch
- Heftige Schmerzen in der Blase
- Blase wie wund, übervoll
- Brennen, Schneiden, Stechen in der Harnröhre
- Ständiger Harndrang
- Harn: dunkel, scharf, viel Schleim
Mehr zur phytotherapeutischen Bedeutung von Equisetum arvense finden Sie im SaluVet-Heilpflanzen-Lexikon. Dazu die Schafgarbe in der Niedrigpotenz D3, die auch als Bauchwehkraut bezeichnet spasmolytisch und damit auch schmerzmindernd an glattmuskulären Organen wirkt. Das im Sinne der Organotherapie enthaltene Organlysat Harnblase (Vesica urinaria D7) gibt die Wirkungsrichtung dieses Präparates vor.
Mit diesen drei genannten Präparaten haben wir sehr hilfreiche Werkzeuge zur Behandlung von Zystitiden zur Hand. Im Einzelfall muss natürlich entsprechend der Untersuchungsergebnisse der Einsatz eines Antibiotikums und weiterer Medikamente abgewogen werden. So sind z.B. bei der Felinen Idiopathischen Cystitis (FIC) durchaus stressmindernde Maßnahmen gefragt, um die Remission zu erreichen. Vielleicht ein Avena/Phosphor PlantaVet?
Um aufsteigende Infektionen oder Stauungsproblematiken zu verhindern und zusätzlich über Anregung der Nierentätigkeit den Harnfluss zu erhöhen ist natürlich auch an die Renes-Präparate zu denken. In erster Linie Mesenchym comp. PlantaVet für die Kleintiere respektive Mesenchym comp. N PlantaVet für Pferde und Rinder. Entsprechend der Wirkungen der organischen Inhaltsstoffe wird mit diesen Präparaten die interstitielle Flüssigkeit vermehrt ins Gefäßsystem gezogen, - also quasi das Interstitium „aufgeräumt“ -, gleichzeitig die Herz-/Kreislaufleistung und die Nierentätigkeit verbessert. Ähnlich nierenanregend kann auch Renes/Viscum comp. PlantaVet eingesetzt werden. Wenn entzündliche Nierenreaktionen vorliegen, dann wäre Renes/Calcium comp. PlantaVet die richtige Wahl.
Der individuelle Zuschnitt der geeigneten Therapie ist Ihre Herausforderung.
Die Qual der Wahl hatten die Therapeuten meiner Mutter damals nicht.