„Als ich zum Einkaufen fuhr war da noch nichts zu sehen. Vielleicht hat sich Benno vermehrt am Hals gekratzt, aber da war nichts. Und jetzt? 3 Stunden später ist da diese handtellergroße Wunde an der Wange! Trotz der Wunde hört Benno gar nicht auf zu kratzen.“
So oder so ähnlich die Schilderung des besorgten Besitzers von Benno, dem 3-jährigen Labrador.
Unsere korrekte, letztendlich rein deskriptive Diagnose lautet: Canine Pyotraumatische Dermatitis, kurz Hot Spot. Es handelt sich um eine sich sehr schnell entwickelnde, oberflächliche, feuchte, exsudative Dermatitis, die häufig durch selbst zugefügte Traumata verursacht wird. Diese Läsionen sind nicht akut lebensbedrohlich, aber extrem juckend und schmerzend und beeinträchtigen das Befinden betroffener Tiere erheblich. Der unbändige Juckreiz ist mitunter zurückzuführen auf beteiligte Bakterien und deren Stoffwechselprodukte und führt zu fortschreitender Automutilation. Diese ist dann verantwortlich dafür, dass sich aus kleinen Hautveränderungen in kurzer Zeit ausgedehnte Wundflächen entwickeln können.
So schnell die Diagnose gestellt ist, so schwer ist es doch, im Einzelfall die Ursachen zu benennen. In Ermangelung einer besseren Erklärung werden vielfach Insektenstiche, Zeckenbisse oder kleine Verletzungen als primäre Ursachen postuliert. Insbesondere bei wiederholtem Auftreten müssen Allergien und Endokrinopathien ausgeschlossen werden. Begünstigende Faktoren sind psychischer Stress, mangelnde Fellpflege oder auch ein verändertes Hautmilieu im dichten, mitunter feuchtnassem Fell bei meist sommerlich-heißen Temperaturen. Treten Hot Spots im Bereich der Wirbelsäule oder im Lumbalbereich auf, dann können durchaus auch ausstrahlende Schmerzen, z.B. ausgehend von den Spinalnerven, der Prostata oder der Analdrüsen Ursache der Automutilation sein. Die betroffenen Dermatome oder Head´schen Zonen geben Aufschluss darüber, welches korrespondierende innere Organ am Krankheitsgeschehen beteiligt sein könnte und Unterstützung bedarf. Auch an mögliche tumorbedingte Schmerzen ist zu denken. Hot Spots im Bereich der (kranialen) Wirbelsäule sind prognostisch vorsichtiger zu beurteilen. Hier ist eine gründliche diagnostische Abklärung notwendig, um nicht angesichts der Dramaturgie der Hauterscheinungen bestehende oder begünstigende Krankheiten zu übersehen.
Ein weiterer Hinweis auf möglicherweise zugrunde liegende Störungen oder prädestinierende Faktoren kann die Lokalisation in Verbindung mit dem Meridian-Verlauf nach der TCM sein. Am häufigsten treten die Veränderungen an der Wange und lateral am Hals, also im Verlauf des Dickdarm-Meridians auf. Können Ohren als Ursache ausgeschlossen werden, dann könnte die Lokalisation ein Hinweis auf bestehende Magen-Darm-Störungen sein. Erhärtende Hinweise können bestehende Allergien und Futtermittel-Unverträglichkeiten, wechselnde Kotbeschaffenheiten, übermäßige Flatulenz oder auch vorberichtliche Antibiotikagaben liefern.
Therapie der Pyotraumatischen Dermatitis
Der Leidensdruck der Besitzer und der Patienten und der schnell progrediente Verlauf der Hautentzündung machen diese unzweifelhaft zu einem Notfall. Folgende therapeutische Maßnahmen sollten ergriffen werden, wobei sich der Umfang und das Ausmaß der Maßnahmen natürlich an dem Ausmaß des Krankheitsgeschehens und individuell am Patienten orientieren müssen. Frühzeitiges Erkennen und Eingreifen verhindern, dass der Prozess dramatisch groß wird. Bei rechtzeitigem Handeln wird man auf Narkose oder Sedation und Scheren der betroffenen Region verzichten können, während ausgedehnte, vielleicht verschleppte Fälle, das komplette Programm erfordern.
1. Entzündungs- und Schmerzhemmung
Die initiale Gabe von 2 x je 1 ml/10 kg KGW PetDolor® ist nie ein Fehler. Dadurch kann die Gabe von NSAIDs verringert oder in Einzelfällen auch komplett darauf verzichtet werden.
2. Äußerliche Behandlung des Hot Spots
Um die Wundfläche zu reinigen und vor allem die bakterielle Bürde zu verringern wird 5-10 %tige PhlogAsept® PlantaVet-Lösung empfohlen. Mit Hilfe einer Sprühflasche kann die gebrauchsfertige Lösung nach Bedarf auch berührungslos aufgetragen werden, um Schmerzen und Irritationen zu verringern. Neben der nachweislich antibiotischen Wirkung von PhlogAsept® PlantaVet (Gabor 2022) werden gleichzeitig Wundheilungsprozesse angeregt. Nach sorgfältiger und vorsichtiger Trocknung der Wundfläche sollte AkuDerma® Lotion aufgetragen werden. Die rötliche Farbe der Lotion kommt von dem hohen Gehalt an Blutwurz-Wurzelextrakt. Die Blutwurz ist sehr reich an Gerbstoffen, die zur Abdichtung des Gewebes und zur Linderung des Juckreizes beitragen. Gerbstoffe wirken aufgrund der adstringierenden Wirkungen auch antibakteriell und damit synergistisch zum enthaltenen Mikrosilber und den Ätherisch-Ölen. Die Lotion wurde ursprünglich dafür entwickelt, die mitunter hochgradig veränderten, juckenden und schmerzenden Hautveränderung bei den Pferden zu lindern, die am Sommerekzem leiden. Haben die Pferde nach ersten Anwendungen von DermaCheval® Lotion die Erfahrungen gemacht, wie gut Ihnen die Lotion tut, lassen Sie sich vielfach sehr bereitwillig und gerne die Lotion auf die empfindlichen Hautpartien auftragen. Die Veränderungen bei einem ausgeprägten Sommerekzem sind durchaus mit den Symptomen einer Pyotraumatischen Dermatitis zu vergleichen.
3. Innerliche Behandlung des Hot Spots
Bei sehr ausgeprägten, tiefen Pyodermien kann die systemische Gabe eines Antibiotikums angezeigt sein. Der routinemäßige Einsatz von Antibiotika bei einem Hot Spot ist sicher nicht nötig. Bei erkennbarer Tendenz zu nekrotischem und infektiösem Geschehen ist die Gabe von Lachesis/Argentum comp. PlantaVet zu überlegen.
Folgen von Traumata, die Überempfindlichkeit gegen Schmerzen und die Furcht vor Berührungen finden sich im Arzneimittelbild von Arnica montana, dem Bergwohlverleih. Wie die Arzneimittelbezeichnung aussagt zeichnet sich Arnica e planta tota D5 PlantaVet dadurch aus, dass hier die ganze Pflanze zur Herstellung der homöopathischen Zubereitung verwendet wird, während übliche Tinkturen ausschließlich die Wirkstoffe der Wurzel enthalten. Dieses Präparat ist in der akuten Phase, also die ersten 3-5 Tage der Pyotraumatischen Dermatitis indiziert.
Urtica/Stannum comp. PlantaVet wird bei exsudativer und allergischer Diathese der Haut, z.B. unterstützend bei Ekzemen, allergischen Dermatitiden und Juckreiz empfohlen. In der akuten Phase ist die tägliche, ggf. sogar 2 x tägliche Gabe sinnvoll, um den Juckreiz zu minimieren und damit die Automutilation einzuschränken.
Dazu kommt natürlich die weiter oben erwähnte Gabe von PetDolor®. Bei rezidivierenden Problemen muss nach dem Grundproblem gefahndet und dieses in die Therapieüberlegung mit einbezogen werden. Je nach Ursache des Hot Spots können hier eine ganze Reihe weiterer Präparate indiziert sein. Bei allen chronischen oder rezidivierenden Erkrankungen ist auf jeden Fall an die Unterstützung der Leber zu denken: phytotherapeutisch in Form von PlantaHepar® potenziert in Form von Hepar comp. PlantaVet.
Literaturverzeichnis
Gabor, Philipp (2022): Untersuchungen zur antimikrobiellen Wirkung des Veterinär-Phytotherapeutikums PhlogAsept. Diplomarbeit. Universität Greifswald, Greifswald. Institut für Pharmazie, zuletzt geprüft am 09.02.2023.