Zusammen geht es besser – Kombinationen von Antibiotikum und ätherischen Öl-Zubereitungen

Am 27. Februar 2017 publizierte die WHO eine Liste von resistenten Bakterien, die von den verfügbaren Antibiotika kaum noch bekämpft werden können. Als Antwort darauf wurde ein Aktionsplan verabschiedet, der international zur Intensivierung der Forschung zur Entwicklung von:

  1. neuen Antibiotika,
  2. Wirkstoffen mit Antivirulenz-Eigenschaften sowie
  3. Resistenz-modulierenden Wirkstoffen

aufrief.

Die Entwicklung neuer Antibiotika oder Antivirulenz-Wirkstoffe ist eine eher langfristige Aufgabe, die nicht nur teuer, sondern auch mit dem Risiko behaftet ist, dass die neuen Wirkstoffe in absehbaren Zeiten wegen erneuter Resistenzentwicklung ihre klinische Wirksamkeit verlieren. Daher spielen die Resistenz-modulierenden Wirkstoffe eine wichtige Rolle, da sie in Kombination mit lang eingesetzten Antibiotika, deren therapeutischen Eigenschaften und Begleitwirkungen bekannt sind, genutzt werden können.

Insbesondere Naturstoffe, die seit vielen Jahren wissenschaftlich auf ihre Einsetzbarkeit und klinische Wirksamkeit als Antiinfektiva untersucht wurden, sind in der Lage, die Antibiotika-Resistenz von pathogenen Mikroorganismen zu beeinflussen. Dabei handelt es sich um meist schon lange bekannte sekundäre Pflanzenstoffe, die in Kombination mit etablierten Antibiotika in der Lage sind, resistente Erreger in therapeutischen Konzentrationen zu bekämpfen. Dazu zählen u.a. ätherische Öle, die bereits selbst eine beachtliche antibakterielle Aktivität aufweisen und in Kombination mit ausgewählten Antibiotika einen Synergismus zeigen, der auch klinisch relevant ist.

Bereits 1992 wurde eine erste in vitro-Studie zu einem solchen Synergismus zwischen ätherischen Ölen aus Melaleuca leucadendra (L.) L. (Cajeputöl) sowie Ocimum gratissimum L. (Nelkenbasilikumöl) und Aminoglykosid-Antibiotika gegenüber Pseudomonas ssp., von β-Lactamen, Josamycin, Erythromycin und Doxycyclin gegenüber Staph. aureus sowie von Nystatin gegenüber Candida ssp. publiziert. Weitere Untersuchungen zeigten, dass Thymol, Carvacrol und Zimtaldehyd die Wirkung von Ampicillin, Tetracyclin, Penicillin, Erythromycin und Novobiocin verstärken. Eine Kombination dieser Stoffe aus ätherischen Ölen von Thymian, Oregano oder Zimt hilft, Antibiotika einzusparen und verhindert die Ausbildung von Resistenzen. Thymol verstärkt zusätzlich synergistisch die antimikrobielle Wirkung von Gentamicin bei resistenten Erregern, wie MRSA und Pseudomonas aeruginosa.

Besonders intensiv ist die synergistische Wirkung von Eugenol aus dem Nelkenöl untersucht worden. Neben einer Anti-Biofilm-Wirkung gegenüber Staphylokokken oder Candida hemmt das Nelkenöl Virulenzfaktoren von Bakterien bzw. Pilzen und verstärkt die Wirkung konventioneller Antibiotika, wie Ampicillin, Penicillin, Oxacillin, Erythromycin, Chloramphenicol, Polymyxin B, Tetracycline, Vancomycin. Auch hier konnte eine Hemmung der Resistenzentwicklung beobachtet werden.

Klinische Untersuchungen gibt es zur Kombination von Zimtöl und Meropenem gegenüber Klebsiella pneumoniae sowie ätherischen Ölen von Salbei-Arten, wie Salvia officinalis, S. sclarea und S. fruticosa. Diese ätherischen Öle hemmen die Efflux-Pumpen in Tetracyclin-resistenten Staphylococcus epidermidis-Isolaten von Patienten. Die kombinierte Anwendung verbesserte die klinische Wirksamkeit von Tetracyclinen und senkt gleichzeitig die Selektion resistenter Mutanten.

Eine Studie aus Italien an Erythromycin-resistenten Streptokokken-Isolaten von Kindern mit Mandelentzündung zeigte, dass Carvacrol, ein Bestandteil der ätherischen Öle aus Thymian und Oregano, die Wirksamkeit von Erythromycin verstärken konnte. Die Autoren empfahlen daher generell eine Kombination von Erythromycin mit Oregano- oder Thymianöl-Zubereitungen bei Streptokokken-Infektion im Mund- und Rachenraum.

Fasst man diese Daten zusammen, so spricht einiges dafür, dass man bei einer Antibiotikatherapie von Infektionen, bei denen kein Antibiogramm erstellt wurde, eine Kombination von Ätherischöl-Zubereitungen oder Ätherischöldrogen mit dem Antibiotikum erwägt. Bisherige Befunde weisen darauf hin, dass insbesondere ätherische Öle mit Thymol, Carvacrol bzw. Eugenol die stärksten antimikrobiellen Effekte auslösen und bei Antibiotika-resistenten Mikroorganismen die Antibiotika-Empfindlichkeit wiederherstellen oder zumindest durch synergistische Wirkungen einen therapeutisch gewünschten antibakteriellen Effekt auslösen.

Prof. Dr. Dr. h. c. Matthias F. Melzig

Themen: Äherische Öle